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Back Der schwarze Dienstag 11. September 2001 Personalakten Terrorexperte vs. ZDF: Ist Osama bin Laden tot?

Terrorexperte vs. ZDF: Ist Osama bin Laden tot?

Ein Mitarbeiter des ZDF schrieb mich an, um mich (und meine Leser/innen) auf eine Sendung aufmerksam zu machen. Seiner Bitte, hier darüber zu berichten, komme ich hiermit nach. Hier der Text des Schreibens:

Hallo,

weshalb ich Sie anschreibe? Gerne möchte ich Sie mit dieser E-Mail darauf hinweisen, dass wir am kommenden Dienstag, 9. Februar, um 23.15 Uhr die Dokumentation „Die Jagd nach Osama bin Laden – Mythos und Wahrheit" im ZDF zeigen werden.
Worum es darin geht? Über zehn Jahre dauert die Jagd nun schon, und noch immer ist Osama bin Laden nicht gefasst. Immer mehr Menschen vermuten hinter seiner Flucht mehr als bloßes Versagen seiner Verfolger. Ist ein freier Osama bin Laden nicht viel nützlicher als gefangen oder tot?
Vielleicht ist Bin Laden schon seit Jahren tot und nur die CIA hält ihn mit gefälschten Video- und Audiobotschaften künstlich am Leben. Einen kurzen Einblick in den Film bekommen Sie bereits mit dieser Kurzversion, die im Auslandsjournal lief (http://www.zdf.de/ZDFmediathek/content/962332).
Weitere Informationen zur Sendung finden Sie hier: http://dokumentation.zdf.de/ZDFde/inhalt/14/0,1872,8023918,00.html
Es würde mich freuen, wenn dies Ihr Interesse an unserer Dokumentation geweckt hat und Sie Ihre Leser auf Ihrer Website darauf hinweisen könnten.

Mit freundlichen Grüßen, Dank im Voraus und schon einmal ein schönes Wochenende
Till Frommann

Die von Herrn Frommann empfohlene Sendung ist eine BBC-ZDF Gemeinschaftsproduktion und wurde in der englischen Version bereits ausgestrahlt. Diese werde ich hier eingehend überprüfen, denn die ZDF-Sendung wird sich wohl nicht groß unterscheiden, außer dass sie eine Viertelstunde kürzer ist. Daher ist zu vermuten, dass auch alle in der BBC-Sendung angesprochenen Themen in der ZDF-Sendung vorkommen.

Relative große Unterschiede gab es aber noch in der ersten Ausgabe der Gemeinschaftsproduktionen, die sich kontroverser Theorien rund um das Thema 9/11 und Al-Qaida widmen.

Verantwortlich für die BBC ist Michael Rudin. Für das ZDF trägt Michael Renz die Verantwortung, wobei sich das ZDF an der BBC orientiert, deren Version bislang immer zuerst ausgestrahlt wurde. Dies gab dem ZDF die Möglichkeit, auf etwaige Publikumsreaktionen einzugehen und an der Sendung noch Änderungen vorzunehmen, bevor man sie in den Äther entließ. Daraus erklärt sich wohl auch der große Unterschied der ersten gemeinsamen Produktion, die 2007 gesendet wurde. In der BBC-Sendung "9/11 Conspiracy Files" wurden Kritiker der offiziellen 9/11-Darstellung durchgehend mittels filmischer Techniken in ein schlechtes Licht gerückt. Man kann sogar sagen, sie wurden regelrecht pathologisiert. In der ZDF-Version "Mythos und Wahrheit" bemühte man sich um eine deutlich fairere Darstellung. Ob dies nun höheren journalistischen Standards geschuldet war oder nicht, sei dahingestellt. Auf jeden Fall erfüllte sie ihren Zweck - das Publikum von der offiziellen Version zu überzeugen - deutlich besser. Denn die BBC-Sendung hat viele vor den Kopf gestoßen und zu der Frage angeregt, warum man es denn nötig hatte, gegen die Kritiker solche Techniken anzuwenden, wenn sich deren Behauptungen doch einfach widerlegen lassen. Eine Kritik der BBC-Sendung findet sich hier, eine Kritik der ZDF-Sendung hier.

In der zweiten Sendung zum Thema 9/11 im Jahr 2008 hatte die BBC dann nachgebessert und einen neutraleren Weg eingeschlagen, was die Präsentation der 9/11-Skeptiker betraf. Titel war "The Third Tower" und drehte sich um den Einsturz von World Trade Center 7 am Nachmittag des 11.September 2001. Für die ZDF-Version suchte man sich den Titel "Das Geheimnis des dritten Turmes" aus und verkündete in aller Bescheidenheit, nun das letzte Rätsel des 11.September gelöst zu haben.

Doch so richtig kann man an die Wirkung der eigenen Botschaft beim ZDF nicht geglaubt haben. Die Sendung wurde sehr spät an einem Sonntagabend ausgestrahlt - und ein Jahr später in der "Langen Nacht der Verschwörungstheorien" dann noch einmal, zu noch späterer Stunde.

Der Grund dürfte darin zu suchen und zu finden sein, dass man sich trotz aller Bemühungen, das Publikum Richtung offizielle Version zu lenken, dabei kaum Erfolg versprach. Zurecht. Denn man kann ja keine Sendung über den Einsturz von WTC 7 machen, ohne diesen auch zu zeigen. Und spätestens da fällt der Groschen bei den meisten - und zwar in freiem Fall. In einem Artikel auf Hintergrund' wurde die ZDF-WTC7-Sendung eingehend im Hinblick auf den manipulativen Charakter der Darstellung auseinander genommen. Ich zitiere aus dem Schlussabsatz:

War es doch das erste und einzige Hochhaus, das aufgrund eines Feuers einstürzte, das erste und einzige Hochhaus, in dem das neue Phänomen der thermalen Expansion vernichtend zuschlug, das erste und einzige Hochhaus, dessen Einsturz schon im Fernsehen vermeldet wurde, als es noch stand. Und es war wohl auch das erste und einzige Gebäude, dessen Noteinsatz-Zenrale beim Einsetzen eines Notfalls prompt verlassen wurde. Es ist auch das erste und einzige Hochhaus, dessen Stahlträger Löcher „wie ein Schweizer Käse" aufwiesen und das erste und einzige Hochhaus, dessen Trümmer komplett vor Beginn der Untersuchung entsorgt wurden.

Fazit: ZDF-History hat nicht das letzte Rätsel gelöst, sondern noch ein weiteres hinzugefügt: Warum legt sich dieser öffentlich-rechtliche Sender trotz der offensichtlichen Widersprüchlichkeiten so einseitig für die offizielle Version ins Zeug?

Kommen wir nun zur neuen Sendung, die sich mit der Frage beschäftigt, ob Bin Laden noch lebt. Ohne vorweg greifen zu wollen, will ich hier auf die grundsätzliche Schwierigkeit aufmerksam machen, diese Frage beantworten zu können. So viel auch für Bin Ladens Tod sprechen mag, solange man seine Leiche nicht vorzeigen kann, solange kann man auch seinen Tod nicht eindeutig beweisen. Ohne Leichnam kann man noch in 50 Jahren behaupten, dass er am Leben ist. Andererseits ist die Abwesenheit seiner Leiche nicht die Anwesenheit eines Lebensbeweises. Wenn man sich dieser Frage widmet, müsste man also zunächst einen Standard entwickeln, was denn für die eine oder andere Richtung als beweiskräftig angesehen werden kann und ob es auch eine Beweiskraft für den Tod unterhalb der Anwesenheit des Leichnams gibt, z.B. durch Zeugenaussagen. Die BBC-Sendung bemüht sich gar nicht erst, einen solchen Standard zu etablieren oder überhaupt als Problem zu thematisieren. Eine methodische Schwäche, die kaum die Aussicht vermittelt, dass in der Sendung wirklich klärende Antworten gefunden werden (sollen). Stattdessen lässt sie erahnen, dass wir es auch jetzt wieder mit einem manipulativen Werk zu tun haben, in dem die Schlussfolgerung schon zu Beginn der Untersuchung fest stand.

Schon der erste Teil liefert erste Hinweise für Suggestionen, mit denen das Publikum auf die Zielgerade geführt werden soll. Und am Ziel steht die Aussage, dass Bin Laden lebt, sich bester Gesundheit erfreut und wir alle große Angst vor ihm haben sollten.

Der Einstieg mutet sehr kritisch an. Fragen werden gestellt, wie: "Warum konnte man Bin Laden bislang nie finden", "Warum wurden Gelegenheiten ihn zu töten, ausgelassen?", "Warum trägt er in seinem letzten Video einen schwarzen Bart?".

Weiter geht es dann mit einem für die Bush-Regierung damals durchaus unangenehmen Thema: Osama Bin Ladens Flucht aus dem afghanischen Tora Bora-Gebirge nach dem Angriff der USA und ihrer Verbündeten auf Afghanistan. Obwohl von afghanischen Einheiten als auch US-Militär und Delta Special Forces umzingelt, konnte Bin Laden nach Pakistan flüchten. 'Newsweek' berichtete damals:

Der CIA Field Commander des "Jawbreaker"-Teams in Tora Bora, Gary Berntsen, sagt, dass er und andere US-Kommandeure wussten, dass sich Bin Laden unter den Hunderten fliehenden Al-Qaida und Taliban-Mitgliedern befindet. Berntsen sagte, dass er definitive Aufklärung [intelligence] darüber hatte, dass sich Bin Laden in Tora Bora aufhielt - Geheimdienst-Agenten hatten ihn aufgespürt - und gefasst werden konnte. "Er war dort", sagte Bernsten zu NEWSWEEK.(...)

In seinem Buch namens "Jawbreaker" kritisiert der dekorierte CIA-Offizier Donald Rumsfelds Verteidigungsministerium, der CIA und den Special-Forces Teams des Pentagon nicht genug Unterstützung in den letzten Stunden [der Schlacht] von Tora Bora gegeben zu heben, sagte Berntsens Anwalt, Roy Krieger. (...) Das unterstützt andere Berichte, inklusive den des Militär-Autors Sean Naylor, der Tora Bora als ein "strategisches Desaster" bezeichnete, da sich das Pentagon geweigert hatte, ein Spalier aus konventionellen Kräften einzurichten, um die Flucht von Al-Qaida und Taliban-Mitgliedern zu unterbrechen. (Quelle)

BBC befragt dazu Dalton Fury, Mitglied der Delta Force. Er bestätigt, dass man Bin Laden aufgespürt habe und wusste, dass er sich unter den umzingelten Al-Qaida-Kämpfern befand. Doch Anfragen der Delta Forces, Bin Laden anzugreifen, wurden abgewiesen. Fury bezeichnete dies als "äußerst ungewöhnlich". Dann wurden die Delta Forces abgezogen. Begründung: man habe sich durch ihren Abzug erhofft, dass Bin Laden sich ermutigt fühle, aus seinem Versteck heraus zu kommen. Als "sehr naiv" bezeichnete Fury diese Vorgehensweise. Nicht naiv, sondern eindeutig irreführend ist die Darstellung der BBC. Denn neben "naiven" Entscheidungen der US-Führung, wurden in der Sendung vor allem zwei Schuldige ausgemacht: zwei afghanische Warlords. Diese hätten nur abkassiert und weniger Männer als vereinbart eingesetzt. Außerdem hätten die Kämpfer zu viel Freizeit gehabt und dazu war auch noch gerade Ramadan. Man will uns also verklickern, dass sich die USA bei der Jagd auf ihren Feind Nummer 1 auf einige afghanische Warlords verlassen haben, von denen sie annahm, dass man sich nicht auf sie verlassen kann. Nun ja, wer's glaubt. Glauben machen will uns das jedenfalls Michael Scheuer, ehemaliger CIA-Mann und von 1996-99 Leiter der "Alec-Station" in New York. Die Alec-Station wurde als zentrale Koordinierungsstelle zwischen FBI, CIA und anderen Diensten bei der Jagd auf Bin Laden und Al-Qaida eingerichtet.

Michael Scheuer, in der Sendung ganz familiär nur "Mike" genannt, wird immer wieder gerne als Kronzeuge der offiziellen Version, nach der eine islamistische Verschwörung hinter 9/11 steckt und seitdem einen globalen Kampf gegen die westliche Zivilisation führt, herangezogen. Denn Scheuer hatte sich seinerzeit mehrfach kritisch gegenüber der Politik der Bush-Regierung geäußert.

Das soll ihn unverdächtig und damit besonders glaubwürdig machen. Doch wenn Scheuer behauptet, die Verantwortung an Bin Ladens Flucht laste auf den Schultern von zwei Warlords, dann liegt er falsch. Denn schließlich können wir durch die Sendung ja lernen, dass es die Entscheidung der US-Führung war, Bin Laden und die Al-Qaida-Kämpfer nicht anzugreifen und die US-Truppen abzuziehen. Und diese wurde damals keinesfalls, wie die BBC-Sendung behauptet, damit begründet, dass man Bin Laden durch den Abzug hervor locken wollte. Die militärische Führung hat alle Hinweise auf Bin Ladens Anwesenheit einfach schlichtweg geleugnet:

"Wir wissen bis heute nicht, ob sich Bin Laden im Dezember 2001 in Tora Bora befand", sagte [der ehemalige CentCom Commander] General Tommy Franks. "Herr Bin Laden war nie innerhalb unserer Reichweite." (Quelle)

Rumsfeld bleibt dabei, dass er von "keinerlei Beweisen" wüsste, dass Bin Laden "zu dieser Zeit in Tora Bora war, oder zu dieser Zeit Tora Bora verlassen hat." (Quelle)

Der Grund für die Leugnung liegt auf der Hand: Hätte man Bin Laden und seine Kämpfer so frühzeitig geschnappt oder getötet, wie hätte man dann die bis heute andauernde Besatzung des geopolitisch so wichtigen Afghanistan rechtfertigen sollen?

Wollte man das Al-Qaida-Gespenst vielleicht am Leben halten? Einige hundert Al-Qaida-Kämpfer können der Besatzungsmacht USA kaum etwas anhaben, aber lassen sich hervorragend dafür benutzen, die eigene Besatzung zu rechtfertigen. Es sei an den Irak erinnert, wo die USA auch immer wieder die Al-Qaida bemüht haben, wenn es galt, eigene Verbrechen - wie etwa der Angriff auf die umzingelte Stadt Falludschah im April 2004 mit weißem Phosphor, Uranmunition und Streubomben- zu rechtfertigen. Dumm nur, dass herauskam, dass das Pentagon die eine oder andere Erklärung des irakischen Al-Qaida-Führer Al-Sarkawi, mit dessen vermeintlicher Anwesenheit in Falludschah der Angriff gerechtfertigt wurde, gleich selbst verfasst hat. (Zum Irak und der Anwendung von Terror unter falscher Flagge, siehe auch meinen Einträge hier und hier).

In dieses Konzept würde auch passen, dass man Hunderte von Al-Qaida und Taliban-Kämpfern "versehentlich" aus dem umzingelten Kundus nach Pakistan ausgeflogen hat. 'The Times' berichtete:

Die Vereinigten Staaten genehmigten insgeheim Rettungsflüge durch Pakistan, durch die Taliban-Führer und Al-Qaida-Kämpfer aus der belagerten nord-afghanischen Stadt Kundus flüchten konnten, bevor die Stadt eingenommen wurde, berichtet heute das New Yorker-Magazin.

US Geheimdienstbeamte und Militär-Offiziere sagten, dass die Bush-Administration die Flüge genehmigt hat und dem US Central Command befahl, einen speziellen Luftkorridor einzurichten, um eine sichere Evakuierung pakistanischer Soldaten und Geheimdienst-Leuten zu gewährleisten, die durch die Siege der Nordallianz fest saßen.

Was als begrenzte Evakuierung gedacht war, geriet offenbar außer Kontrolle. Als unbeabsichtigte Konsequenz schaffte es eine unbekannte Anzahl von Taliban und Al-Qaida-Kämpfern, sich dem Exodus anzuschließen, berichtet das Magazin.

Die manipulative Vorgehensweise im ersten Abschnitt wird an den beiden Bush-Zitaten ersichtlich, die die BBC in den Beitrag einbindet. Neben dem "Tot oder Lebendig"-Zitat wird Bushs Aussage zitiert, wonach Bin Laden ja nicht glauben soll, er könne sich verstecken oder entkommen.

Damit soll die zentrale These dieses Segments untermauert werden: Die US-Regierung wollte Bin Laden unbedingt rankriegen und hat dafür große Anstrengungen unternommen, indem z.B. Tora Bora mit Bomben überzogen wurde. Aber die eigene Inkompetenz, vor allem bei der Auswahl der Bündnispartner vor Ort, habe es Bin Laden gestattet, zu entkommen.

Doch dass es beim Afghanistan-Feldzug wirklich um Osama Bin Laden ging, wie es die BBC uns glauben machen will, ist mehr als zweifelhaft, wenn man die Äußerungen von George Bush während einer Pressekonferenz Mitte März 2002 betrachtet. Er wisse nicht, wo Bin Laden ist, damit würde er auch nicht viel Zeit verbringen und er sei wirklich nicht besorgt, was Bin Laden angeht. Hier der Ausschnitt:

Konsequenterweise ließ Bush dann auch im Jahr 2005 die oben erwähnte Alec-Station schließen. Auch den Vorsitzenden des Joint Chiefs of Staff, Richard Myers, hätte man zitieren können: "Das (Haupt-)Ziel war niemals, Bin Laden zu kriegen".

In diesem Zusammenhang hätte BBC natürlich auch die Story französischer Elitekämpfer aufgreifen können. Deren Scharfschützen sollen Bin Laden zwei mal im Visier gehabt haben. Doch von Seiten der USA kam keine Erlaubnis zum Abdrücken. Unabhängig vom Wahrheitsgehalt dieser Story ist es angesichts der Aussage, die Bush während der Pressekonferenz im März 2002 von sich gegeben hat, schon besonders dreist, dass er im Zusammenhang mit der Geschichte der französischen Scharfschützen die Annahme, dass seine Administration von der Jagd auf Bin Laden abgekommen sei, als "urbanen Mythos" bezeichnete.

Im zweiten Teil kommen Vertreter der These zu Wort, dass Bin Laden tot ist. Die BBC-Sprecherin erklärt, dass es seit Dezember 2001 keine überprüfbare Sichtung Bin Ladens gegeben hat. Ex-CIA-Agent Robert Baer untermauert diese These. Baer arbeitete 22 Jahre für "die Firma" und gilt als Experte in seinem Gebiet, welches laut Wikipedia beim CIA folgendes war:

Seine Aufgabe bestand in der Infiltrierung von Organisationen wie Hisbollah und Al Qaida. Baer spricht neben seiner englischen Muttersprache fließend arabisch, persisch, französisch und deutsch.

Baer kommt durch Äußerungen seiner Ex-Kollegen zu dem Schluss, dass Bin Laden tatsächlich bereits tot ist. Als Hauptvertreter der Bin-Laden-ist-tot-These wird David Ray Griffin präsentiert. Dieser verfasste mehrere Bücher, die die offizielle 9/11-Version bezweifeln. Darunter auch das Buch "Osama Bin Laden - Dead or Alive", welches demnächst auch auf deutsch bei Peace Press erscheinen soll.

Die BBC versucht nun Griffins Argumente im Laufe der Sendung zu widerlegen. Ich werde an den entsprechenden Stellen darauf eingehen.

Im dritten Segment werden Zweifel an der Authentizität einzelner Bin Laden-Videos geäußert. So bezweifelt David Ray Griffin, dass es sich bei dem berühmten "Confession-Tape" um den echten Bin Laden handelt. Dieser erscheine im Video zu fett, auch schreibt er mit der rechten Hand, obwohl er Linkshänder ist. Zur Unterstützung der Todes-These führt Griffin auch an, dass Bin Laden 2001 an einem Nierenleiden erkrankt war und Dialyse benötigte. Griffin weist (in Teil II) auf ein am 26.Dezember 2001 veröffentlichtes Bin Laden-Video hin, in dem dieser geschwächt erscheint.

Geschwächt? Osama Bin Laden 2001

Auch Robert Baer ist von der Echtheit der Videos nicht überzeugt, glaubt allerdings, dass Al-Qaida die Videos selbst fälsche. Er merkt an, dass Bin Laden in seinem letztem Video vom September 2009 immer dann auf Standbild geschaltet ist, wenn seine Stimme auf aktuelle Ereignisse zu sprechen kommt. Baer ist der Auffassung, dass hier alte Ton- und Videoaufnahmen zusammengeschnitten wurden, wie übrigens auch der Computer-Spezialist Neal Krawetz.

Osama Bin Laden 2004

Für die These der Echtheit der Videos setzt sich Michael Scheuer ein. Er verweist darauf, dass die Videos von CIA und anderen Geheimdiensten in ihrer Echtheit bestätigt wurden. Allerdings stehen ja gerade diese selbst im Verdacht, Urheber (einiger) dieser Videos zu sein. Keinem Gericht würde aber die Beteuerung der Unschuld eines Angeklagten als Beweis selbiger ausreichen. Scheuer will das Publikum beeindrucken, indem er aufzählt, wie viel Aufwand die US-Behörden doch bei der Analyse der Videos betrieben haben. Während man sieht wie Bin Laden durch bergiges Gelände schleicht, berichtet Scheuer davon, dass selbst Geologen angeheuert wurden, Pflanzen und Steine im Bild-Hintergrund zu analysieren, um dadurch mögliche Informationen zu Bin Ladens Aufenthaltsort liefern zu können. Eine geradezu irreführende Argumentation, die die BBC gerne mit passenden Filmausschnitten unterlegt. Denn die gezeigte Wandertour Bin Ladens spielte sich vor 9/11 ab. Nach 9/11 ist kein Bin Laden-Video erschienen, in dem Steine zu sehen sind, die man analysieren könnte. Scheuers Märchenstunde Anekdote kann somit überhaupt nicht zur Klärung der Frage beitragen, ob Bin Laden noch lebt. Aber sie kann und soll dazu beitragen, den Zuschauern zu suggerieren, dass die Videos echt sind und Bin Laden daher am Leben sein muss. Dennoch ist in diesem Teil der BBC kein Vorwurf zu machen. Denn Vertreter der These, dass die Videos (aus verschiedensten Gründen) unecht sind, kommen ausgiebig zu Wort.

Die These von Bin Ladens Tod stützt sich auch auf die Vielzahl von Berichten, wonach Bin Laden an einer Niereninsuffizienz leidet und regelmäßige intensive medizinische Betreuung braucht. Als Vertreter der Gegenthese der behaupteten schweren Erkrankung Bin Ladens lässt BBC Abdel Bari Atwan, Herausgeber der "Al-Quds Al Arabi"-Zeitung, zu Wort kommen. Dieser interviewte Bin Laden im November 1996 und verbrachte drei Tage in dessen Versteck in Afghanistan.

Osama Bin Laden 1996

Laut Atwan, der auf dem Trafalgar Square in London vor Freude tanzen will, falls iranische Raketen auf israelischen Boden einschlagen, erfreute sich Bin Laden damals bester Gesundheit. Problematisch an seiner Argumentation ist die zeitliche Komponente. Denn er traf sich mit Bin Laden Jahre bevor die ersten Berichte über dessen Nierenerkrankung auftauchten.

Atwans Aussage bezüglich Bin Ladens Gesundheitszustand während ihres Zusammentreffens 1996 bezieht sich auf eine "milde Diabetes", von der Atwan gehört hatte, dass sie Bin Laden plage. Von dessen Nierenerkrankung hingegen war erstmals 1999 in dem Buch "The new Jackals" die Rede. Sie wurde angeblich von einem im November 1998 von Geheimdiensten auf Bin Laden durchgeführten Gift-Anschlag verursacht. Erstmals wurde im Jahr 2000 darüber berichtet, dass Bin Laden eine Dialyse-Behandlung braucht.

Im vierten Abschnitt wird auch die Zusammenarbeit zwischen Bin Laden und der CIA während des Kampfes gegen die sowjetischen Besatzer in Afghanistan ab Ende der 1970er Jahre thematisiert. Zusammenarbeit? Nichts da, sagt Michael Scheuer. Es gebe in der CIA kein Dokument, welches eine Zusammenarbeit bestätigen würde. Na denn. Geheimdienste heißen ja auch nur zum Spaß so. Also bitte glauben Sie dem Mann unbesehen. Eine Zusammenarbeit zwischen den "arabischen Mujahedin", der CIA und dem pakistanischen Geheimdienst ISI im Kampf gegen die Sowjetunion in Afghanistan hat es nie gegeben. Vergessen Sie bitte alles, was Dutzende und Dutzende Experten Schwätzer zu dieser Zusammenarbeit in den letzten Jahrzehnten gesagt und geschrieben haben. Denn Michael Scheuer hat dazu in der CIA kein Dokument gefunden. Und obwohl er kaum befugt sein dürfte, alle CIA-Dokumente über Geheimoperationen einzusehen, bitte glauben Sie ihm. Und bitte glauben Sie auch, dass jede Geheimoperation ausgiebig dokumentiert wird. Und bitte glauben Sie auch noch, dass Dokumente nie verschwinden können. Was ist eigentlich aus den CIA-Dokumenten geworden, die in WTC 7 lagerten? Aber das ist ein anderes Thema...

Hatten nie etwas miteinander zu tun:

L: Z. Brzezinski, Sicherheitsberater des US-Präsidenten. R: Bin Laden

Scheuer erklärt auch, dass man alleine zwischen Mai 1998 und Mai 1999 zehn Gelegenheiten hatte, Bin Laden zu schnappen bzw. zu liquidieren. Im letzten Moment sei man aber immer davor zurückgeschreckt. Beispielhaft führt Scheuer eine Situation aus dem Dezember 1998 in Kandahar an. Man hatte Bin Laden in einem Gebäude lokalisiert, sogar den genauen Raum kannte man. Aber man entschied sich, lieber nicht zu schießen. Denn 300 Meter entfernt befand sich eine Moschee. Und man befürchtete einen Aufstand in der muslimischen Welt, so Scheuer, sollten Splitter einer Rakete die Moschee "kratzen". Reden wir hier von derselben Armee, die Raketen aus hunderten Kilometern Entfernung metergenau ins Ziel bringt? Und wie schlecht muss es um die Ausbildung von Scharfschützen bestellt sein, wenn 300 Meter ringsherum besser nichts im Wege steht?

Scheuers Erklärung wird spätestens dann grotesk, als er im Versuch, seiner unglaubwürdigen Story Glaubwürdigkeit zu verleihen, erklärt, welche hohen moralischen Werte die US-Weltmacht nun mal hat und dass sich deren Führer mehr den Kopf darüber zerbrechen, was man im Ausland über sie denkt, als das Leben von Amerikanern zu schützen.

Dabei hatte man in der Sendung doch zuvor noch von den Angriffen auf Ziele in Sudan und Afghanistan berichtet. Der damalige US-Präsident William Clinton ließ diese Ziele im August 1998 als Rache für die Terrorattacken auf US-Botschaften in Afrika bombardieren. Und dabei hatte man so viele moralische Skrupel, dass man die wichtigste Medikamenten-Fabrik Sudans platt machte. Als Folge dieser Aktion starben laut Schätzungen des damaligen deutschen Botschafters in Sudan zehntausende Menschen.

Und das, obwohl Sudan ab 1995 den USA anboten, Bin Laden an sie auszuliefern. Doch gegen den lag in den USA kein Haftbefehl vor, weswegen man die Offerte ausschlug. Erst im Dezember 1998 erließ die USA einen internationalen Haftbefehl gegen Bin Laden. Vier Monate also, nachdem man Sudans medizinische Versorgung drastisch lädiert hatte. Soviel also zur Moral von US-Regierungen im Kampf gegen den Terror.

Aber genau genommen stimmt Scheuers Aussage im Kern ja: man hätte Bin Laden oft kriegen können, aber man wollte nicht. Ironischerweise halte ich die Ausführungen des Anwalts der offiziellen Version für das stärkste in der Sendung vorgetragene Argument, dass an dem "War on Terror" etwas oberfaul ist. Bin mal gespannt, ob das ZDF diesen Scheuer-Part drinnen behält.

Da in diesem Segment auch kurz die Anschläge von Bali 2002 erwähnt werden, sei hier noch die Dokumentation "Fool me Twice" empfohlen. Diese weist nach, dass die Anschläge inszeniert wurden bzw. die verantwortlich gemachte Terrorzelle längst geheimdienstlich unterwandert war.

Zum Schluss des vierten Segments geht es um Benazir Bhuttos in einem Fernseh-Interview gemachte Aussage, dass Bin Laden schon tot sei. Hier stimme ich mit der Schlussfolgerung der BBC überein, dass es sich um einen Versprecher handelte. Wahrscheinlich hat sie Bin Laden mit Omar Saeed Sheikh verwechselt. Über diesen Doppelagenten berichtete ich bereits hier. Es gibt nur wenige Gestalten, an dessen "Karriere" sich die Verlogenheit und Absurdität des "War on Terror" besser aufzeigen ließe.

Der fünfte Abschnitt geht näher auf die Frage ein, ob es sich bei den Bin Laden Videos um Fälschungen handelt. Spezialist Andy Laws kommt in seiner Video-Analyse zu dem Schluss, dass es sich bei allen drei Videos ("Confession-Tape, Bin Laden 2004 und 2007) um den echten Bin Laden handelt. Dem stimme ich zu. Im Fall des "Confession-Tape" spricht neben der Gesichts-Analyse außerdem für die Echtheit, dass andere Al-Qaida-Mitglieder, wie etwa Khaled al-Harbi, in dem Video zu identifizieren sind. Auch die von Griffin geäußerte Beobachtung, dass Bin Laden mit rechts schreibt, könnte einen profanen Grund haben. Nämlich den, dass er an der linken Hand verletzt war. Außerdem hat Bin Laden schon in der Vergangenheit die rechte Hand zum Schreiben benutzt, wie folgendes Bild zeigt:

Schreibt mit rechts: Osama Bin Laden

Nur, was beweist das Video? Sicherlich nicht, dass er heute noch lebt. Es würde aber auch nicht Bin Ladens Tod beweisen, selbst wenn es gefaked wäre. Es beweist übrigens auch nicht, dass Bin Laden für 9/11 verantwortlich ist. Denn seine angebliche Konfession beruht laut Recherchen des Nachrichtenmagazin 'Monitor' auf falschen Übersetzungen. Im Pentagon hat man die entsprechenden Passagen äußerst vorteilhaft für die gewünschten Zwecke übersetzen lassen. Das Pentagon wollte mit diesem Video das Dilemma überspielen, dass sich Bin Laden bis dato (Dezember 2001) nie und nirgends nach dem 11.September zu 9/11 bekannt hatte. Es diente also der Rechtfertigung des Afghanistan-Kriegs im Nachhinein und kann daher getrost als Kriegspropaganda gewertet werden. Und weil Kritik und Zweifel an der Beweiskraft des Videos auftauchten, mahnte George Bush auch alle Ketzer Zweifler an, das Zweifeln sein zu lassen.

Für welchen Zweck wurde das Video überhaupt angefertigt? Laut BBC "denkt man", dass für den Privatgebrauch gedreht wurde. Doch warum wurde es dann trotz des brisanten Inhalts einfach in einem Haus in Jalalabad zurückgelassen, wo es die US-Armee gefunden haben will? Wo genau es von wem gefunden wurde, ist bis heute unbekannt. Warum wird nie in die Kamera geschaut? Handelte es sich hier etwa um eine versteckte Aufnahme im Rahmen einer verdeckten Ermittlung? Oder hat hier ein Agent vorgetäuscht, für den Privatgebrauch zu filmen und es dann den US-Diensten zukommen lassen? Das würde natürlich ein äußerst schlechtes Bild auf die US-Terrorjäger werfen, wenn sie schon vor dem Einmarsch in Afghanistan die Gelegenheit hatten, Bin Laden hoch zunehmen. Doch das bleibt alles Spekulation. Keine Spekulation ist die Tatsache, dass Bin Ladens Spleen, eine Kalaschnikow um sich herum zu postieren, sobald ihn eine Kamera aufs Korn nimmt, Auszeit gefeiert haben muss.

Sucht die Kamera?: Osama Bin Laden im "Confession-Tape"

Laut BBC sind die Video- und Audio-Botschaften die wichtigsten Beweise für Bin Ladens Lebendigkeit. Doch auch die beiden späteren Videos sind nicht beweiskräftig, selbst wenn der abgebildete Mann Bin Laden ist. Denn abgesehen von der Frage, warum Bin Ladens Bart in der Aufnahme von 2007 wieder schwarz ist, und auch abgesehen von der Frage, warum bei der Erwähnung aktueller Ereignisse das Bild immer einfror, bleibt die Frage, ob sich solche Videos denn fälschen lassen.

Gefärbt: Osama Bin Laden 2007

Andy Laws meint ja, aber nein. Technisch möglich, doch US-Geheimdienste und Militär würden nicht über die Kapazitäten verfügen, dieses durchzuführen und wären auf Unterstützung von privater Seite angewiesen. Und dies könne nicht "im Stillen" geschehen. Zu viele Leute wären involviert, zu viele Mitwisser, das würde heraus kommen....

Dieses Argument kann man nicht widerlegen, weil es keines ist. Aber vielleicht fällt ja der eine oder andere Zuschauer darauf herein und glaubt, dass die Manipulation eines Videos einer umfassenden, groß angelegten Verschwörung bedarf.

Wie schwierig es ist, Bin Laden-Videos zu manipulieren, zeigt dieser Beitrag:

"Corruption is impossible"

Und die Audio-Tapes, die so viele Anspielungen auf aktuelle Ereignisse haben und daher ja belegen würden, dass Bin Laden noch lebt, ließen sich noch viel einfacher fälschen als die Videos. So kam man im schweizerischen IDIAP Research Institute aufgrund eigener Analysen zu dem Schluss, dass es sich bei dem im November 2002 veröffentlichen Bin Laden-Audio-Tape um ein Fake handelt. Damit löste man aber ein kleines politisches Erdbeben aus, denn schließlich kam das Pentagon zu ganz anderen Ergebnissen. Und so entschloss man sich bei IDIAP, alle weiteren Anfragen nach einer Untersuchung von Bin Laden-Aufnahmen abzulehnen. Die Sache war zu heiß geworden.

Während Hank Crumpton, US-Botschafter Afghanistans, der dort auch lange Zeit für die CIA verdeckte Anti-Terror-Operationen leitete, die Fake-Theorie als "lächerlich", "absurd" und "beleidigend" bezeichnet, stellt uns BBC den maximalen Kronzeugen der Gegenthese vor: Ben Venzke, von der "unabhängigen Research Company" IntelCenter. Er habe "absolutes Vertrauen" in die Echtheit der Bin Laden-Tapes. Und ich habe absolutes Vertrauen darin, dass Herr Venzke vom Vertrieb dieser Videos gut leben kann. Wie sollte er auch etwas anderes sagen, voreingenommen wie er zwangsläufig ist? Ihn zu befragen ist ungefähr so, als ob man die Aussagen von Vertretern der Tabakindustrie zum Maßstab der Beantwortung der Frage macht, ob Rauchen auch wirklich ungesund ist.

Der Vorwurf geht also weniger an Venzke, denn der sagt nur, wofür er bezahlt wird. Eher ist der Vorwurf an die Adresse der BBC zu richten, wenn das Pentagon-nahe IntelCenter als "unabhängig" bezeichnet und nicht mal kritisch bei Herrn Venzke nachgefragt wird, wo denn beispielsweise die Videos herstammen, die IntelCenter vertreibt - und Journalisten somit auch mal Quellen überprüfen könnten. Oder warum IntelCenter Al-Qaida Kosten und Mühe erspart, indem es beispielsweise Übersetzungen und Untertitel für Al-Qaida- Videos anfertigt oder diese bisweilen akustisch und graphisch aufpeppelt. In Deutschland wäre dies eine Unterstützung einer terroristischen Vereinigung und somit laut § 129a strafbar. Wenn man in Deutschland an Al-Qaida Videos herumbastelt und diese dann ins Internet stellt, hat man ein Gerichtsverfahren an der Backe, wie der Fall Ibrahim R. beweist. Herr Venzke, kommen Sie besser nicht nach Deutschland, die eine oder andere Staatsanwaltschaft ist vielleicht nicht ausgelastet!

Doch die BBC kann nicht nur mit ehemaligen CIA-Angehörigen und Vertretern dubioser Firmen aufwarten, um die These von Bin Ladens Lebendigkeit zu erhärten. In der Sendung wird auch der Journalist Hamid Mir präsentiert. Dieser traf Bin Laden 1997, 1999 und sogar nach 9/11 - im November 2001. Er sprach Bin Laden direkt auf dessen angebliches Nierenleiden an. Dieser verneinte und stopfte sich zum Beweis verschiedene Nahrungsmittel in den Mund. Nun, auch Bin Laden könnte man in dieser Frage durchaus als voreingenommen betrachten. Denn an der Zurschaustellung eigener Schwäche konnte er sicherlich kein Interesse haben. Im Gegenteil, in dem Interview macht er auf dicke Hose und behauptet sogar, über Atomwaffen zu verfügen.

Hamid Mir im Interview mit Bin Laden November 2001

Zwei Dinge noch hierzu. Zum Einen. Wie konnte Hamid Mir das schaffen, was die Welt der Geheimdienste nicht schaffte, nämlich Bin Laden nach 9/11 aufzufinden? Sollen wir ernsthaft glauben, dass niemand angesichts der Treffen zwischen ihm und Bin Laden in den US-Geheimdiensten auf die Idee kam, ihn zu beschatten, um möglicherweise so an Bin Laden heranzukommen? Und warum sucht sich Bin Laden ausgerechnet einen Journalisten als Gesprächspartner, bei dem aufgrund der Vorgeschichte die höchste Wahrscheinlichkeit besteht, dass dieser überwacht wird?

Hamid Mir im Interview mit Bin Laden 1997

Und zum Zweiten der Inhalt des Interviews selbst. Dort bekennt sich Bin Laden nicht etwa zu 9/11, sondern antwortet auf die Frage, woher er denn wusste, dass es sich bei den Attentätern um Muslime handelt, die Amerikaner hätten doch eine Liste der Verdächtigen veröffentlicht. Ja da schau her! Wenn man seiner Aussage bezüglich seines Nierenleidens Glaubwürdigkeit schenkt, warum dann nicht diesem Teil?

Und wie merkwürdig ist es, dass sich Bin Laden vor knapp zwei Wochen zu dem misslungenen Anschlag des Weihnachtsbombers bekannt haben will, aber sich nicht bei einer solchen Gelegenheit, wie sie Mir ihm bot, zur Mutter aller Anschläge bekannte?

Aber selbst wenn Bin Ladens Aussage bezüglich seines Gesundheitszustandes stimmt, dann wissen wir nur, dass er Ende 2001 kein Nierenleiden hatte. Das beweist nicht, dass er neun Jahre später noch am Leben ist. Tatsächlich müsste man nüchtern feststellen, dass sich weder These noch Gegenthese zu Bin Ladens Nierenleiden eindeutig belegen lassen.

Allerdings führt BBC hier die Zuschauer suggestiv in die eine Richtung. So wird davon gesprochen, dass man Bin Laden seit 1996 dieses Nierenleiden nachsagt. Und 1996 traf sich ja Atwan mit ihm und befand ihn für gesund. Doch wie schon weiter oben angeführt, gab es 1996 noch keine Berichte über ein Nierenleiden Bin Ladens. Atwans Aussage ist in diesem Zusammenhang somit bedeutungslos. Falsch ist auch die Darstellung der BBC, dass es sich allein um Behauptungen des pakistanischen Geheimdienstes handelte. Auch westliche Geheimdienste wurden immer wieder in Medienberichten zitiert, wenn es um Bin Ladens Nierenerkrankung ging. So auch in dem allerersten, in dem von einer Dialyse die Rede ist.

Die Geschichte von Bin Ladens Nierenleiden will BBC nicht nur widerlegen als Beweis für dessen Lebendigkeit, sondern auch und vielleicht vor allem, um die Geschichte ins Reich der Mythen verbannen zu können, nach der sich Bin Laden im Juli 2001 in einem Krankenhaus in Dubai aufgehalten und sich dort auch mit dem lokalen Vertreter der CIA getroffen haben soll.

CIA, Krankenhausleitung und Bin Laden bestreiten dies. Allerdings, was sollten sie auch anderes tun? Dennoch sind diejenigen in der Bringschuld, die behaupten, ein solches Treffen habe stattgefunden. In Umlauf gebracht wurde die Story von der französischen Zeitung "Le Figaro" und Radio France International (RFI).

Ein Beweis etwa in der Form von nicht-anonymen Zeugen wurde jedenfalls nie erbracht. Allerdings wurde die Story um Bin Ladens Krankenhausaufenthalt von Anfang an mit Details untermauert - wie der Name des behandelnden Arztes und der des CIA-Agenten - die nahelegen, dass sich hier niemand einfach etwas mal eben aus den Fingern gesaugt hat, um Schlagzeilen zu machen. Natürlich könnte es sich auch um gezielt gestreute Fehlinformationen handeln, die der US-Regierung schaden sollten, etwa von einem gegnerischen Geheimdienst. 'Le Figaro' und RFI blieben jedenfalls bei ihrer Darstellung.

Einen eindeutigen Beweis für dieses Treffen oder generell für Bin Ladens Nierenerkrankung gibt es allerdings nicht. Das erhöht natürlich die Wahrscheinlichkeit, dass er noch am Leben sein könnte.

Im letzten Teil läuft die BBC zur Hochform in Sachen Desinformation auf. Anfangs beschäftigt man sich mit der Behauptung, dass Bin Laden in der Nacht vor 9/11 in einem pakistanischen Krankenhaus behandelt wurde. Diese Behauptung fußt auf einen CBS-Bericht. CBS stützt sich dabei auf Aussagen von Bediensteten des Krankenhauses, die anonym bleiben wollten. Die Behauptung steht damit tatsächlich auf wackeligen Füßen.

Wurde Bin Laden hier behandelt? Das Krankenhaus in Rawalpind/Pakistan

Danach kommt noch einmal Robert Baer zu Wort. Er versichert, dass es keine Verschwörung seitens der US-Regierung in Bezug auf Bin Laden gibt. "Inkompetenz" wäre stattdessen die richtige Beschreibung um zu erklären, warum die Geheimdienste seiner nicht habhaft werden konnten. Baer sah das nicht immer so. In einem Interview 2006 äußerte er auf die Frage, ob es sich bei 9/11 um einen Inside-Job handeln könnte, dass dies möglich sei, denn die Beweise würden darauf hindeuten. Woher kommt sein Sinneswandel?

Als nächstes bringt die BBC einen Ausschnitt aus einem Al-Qaida-Video von 2009, welches "eingehend untersucht" wurde, so die Sprecherin. Und laut "einigen" ["some have suggested"] handele es sich hierbei um Bin Laden. Bei den "einigen" handelt es sich übrigens um IntelCenter, welches in einer Presserklärung auf das Video aufmerksam machte und die Theorie in Umlauf brachte, es könne sich hierbei um Bin Laden handeln. Während IntelCenter nur vermutete, behauptet 'The Long War Journal' aufgrund einer "vertrauenswürdigen Quelle", es handele sich bei dem Mann in der Tat um Bin Laden. Das 'Long War Journal' ist ein Zusammenschluss von ehemaligen US-Militär-Angehörigen und anderen Terrorexperten, mit guten Kontakten in die inneren Machtzirkel Washingtons.

Die BBC lässt diese Behauptung einfach so stehen, obwohl eindeutig klar ist, dass es sich nicht um Bin Laden handeln kann, wie an der Bartfäbung zu erkennen ist. Denn diese ist innen dunkel und außen hell, genau umgekehrt also wie die Bartfärbung, wie wir sie sonst von Bin Laden kennen.

Osama Bin Nicht Laden 2009

Es handelt sich hier eindeutig um eine manipulative Suggestion seitens der BBC. Zur Untermauerung der These von Bin Ladens Lebendigkeit führt die BBC dann Aussagen von Journalisten an, denen Al-Qaida-Kommandeure in Interviews versichert hätten, dass Bin Laden noch lebt. Nach einer Erklärung, warum denn Al-Qaida offenbar nicht in der Lage ist, mal ein Lebensbeweis zu produzieren, haben diese Journalisten aber scheinbar gar nicht erst gefragt. Und verifizierbar sind diese Aussagen natürlich auch nicht.

Als nächstes wird dann Art Keller ins Feld geführt, auch er ein Ex-CIA-Agent. Er erklärt uns, warum trotz 25 Millionen US-Dollar Belohnung niemand Bin Laden verpetzt hat. Der paschtunische Ehrenkodex verbiete es den Taliban bzw. allgemein den Paschtunen, Bin Laden auszuliefern, noch dazu an Nicht-Muslime. Das wäre eine schlimme Sünde. Dass Bin Laden tot ist, sei eine lächerliche Verschwörungstheorie. Und jetzt ist das Stichwort gefallen. Im letzten Segment fällt das Wort "Verschwörungstheorie" des öfteren und spätestens jetzt wird die Absicht hinter der BBC-"Dokumentation" deutlich. Wer die offizielle Darstellung im "War on Terror" anzweifelt, ist ein Verschwörungstheoretiker und damit als nicht Ernst zu nehmen abgestempelt.

Doch tatsächlich lächerlich sind die Ausführungen von Herrn Keller. Zwar zählt es zu den zentralen Grundsätzen der Paschtunen, einem Gast Schutz zu gewähren, doch im Fall Bin Ladens waren die Taliban durchaus zu einer Ausnahme bereit. Die Taliban boten den USA dessen Auslieferung an, wenn sie Beweise seiner 9/11-Täterschaft vorgelegt bekämen. Dabei müssen die USA über diese Beweise verfügen, zumindest wenn man dem britischen Ex-Premierminister Tony Blair glaubt. Dieser zeigte sich von den "absolut unbestreitbaren Beweisen" überzeugt und unterstützte daher den Angriff auf Afghanistan.

Doch wie auch schon im Fall Sudan Jahre zuvor, lässt sich eine US-Regierung so ein Angebot nicht bieten. Haftbefehl hin oder her. Also marschierte man in Afghanistan ein. Um Bin Laden zu kriegen. Hätte man ihn vorher in die Finger bekommen, hätte man ja nicht mehr einmarschieren können müssen, um ihn zu kriegen. Und der Einmarsch war ja schon lange VOR 9/11 beschlossene Sache. Also war auch geplant, ihn vor 9/11 nicht zu kriegen. Denn sonst hätte man ja nicht einmarschieren müssen, um ihn zu kriegen. Und das beweist ja wohl, dass es beim Einmarsch in Afghanistan nur darum ging, Bin Laden zu kriegen. Denn wenn die BBC sagt, "es begann als ein Krieg, Bin Laden zu fangen", dann war das auch so. Alles andere sind lächerliche Verschwörungstheorien.

Weiter in der Sendung. Keine Angst, wir haben es gleich geschafft. Bin Laden ist ein cleveres Bürschchen, denn er benutze keine modernen Kommunikationsmittel und sei daher schwer aufzuspüren, so die Sprecherin. Das mag heute, so er denn noch lebt, tatsächlich der Fall sein.

Doch wenn Atwan davon spricht, dass Bin Laden ihm in dem Interview 1996 gesagt hat, dass er keine Kommunikationsmittel benutze, weil "sie zuhören", dann kann hier etwas nicht ganz stimmen. Denn Bin Laden benutzte zur Kommunikation seinerzeit bis mindestens August 1998 ein alles andere als unauffälliges Satelliten-Telefon. Welches übrigens "von ihnen", also den US-Geheimdiensten, abgehört wurde. Wieder einmal sollen die Zuschauer in die Irre geführt werden.

Die Intention von Atwans Aussage kehrt sich ins Gegenteil. Statt zu erklären, warum man Bin Laden nach 9/11 nicht finden konnte, drängt sich doch angesichts des abgehörten Satelliten-Telefons eher die Frage auf, warum man ihn nicht vor 9/11 festgesetzt hat.

Danach kommt noch einmal Hamid Mir zu Wort. Er meint, diese Verschwörungstheorien von Bin Ladens Ableben nutzen nur Al-Qaida. Gleichzeitig wird in der Sendung aber auch das Gegenteil behauptet. Die von BBC nun zur Tatsache erhobene Behauptung, dass Bin Laden noch lebt - alles andere ist ja eine Verschwörungstheorie - sei ja gerade Beweis für dessen Triumph über den Westen, der es trotz seines Apparates nicht geschafft hat, ihn ins Jenseits zu befördern. Dieser Triumph lässt sich aber nur schwer auskosten, wenn alle Welt meint, man befinde sich bereits dort.

Fast zum Schluss bringt BBC dann noch einmal Hamid Gul. Er ist überzeugt, dass Bin Laden am Leben ist. Und als pakistanischer Geheimdienstmann muss er es ja wissen. Was die meisten BBC-Gucker wohl nicht wissen: Er ist auch der Überzeugung, dass der 11.September ein Inside-Job war. Wie gesagt, er muss es ja wissen.

War noch was? Ach ja, gegen Ende der Sendung wird noch einmal George Bush zitiert. Er spricht von den Löchern in den Bergen, in denen Al-Qaida Versteck sucht, aber nicht finden wird. Denn man werde sie ausräuchern. Löcher in Bergen? Das hörte sich schon mal anders an, wie in diesem kleinen Propaganda-Lehrfilm zu begutachten:

"there are many of those"

Falls Sie sich fragen, warum die BBC nicht mal eine Sendung macht, in der über all die Lügen im Rahmen des "War on Terror", wie z.B. die der High-Tech-Festungen in Tora Bora, aufgeklärt wird, dann warten Sie bitte nicht auf Antwort. Die Zeiten sind anscheinend vorbei, wo man auf BBC in Sachen Terror noch kritische Beiträge gesendet hat. Das letzte mal im Jahr 2004 mit dem wirklich sehenswerten Dreiteiler "Power of Nightmares", der nachweist, dass es sich bei Al-Qaida im wesentlichen um einen Fake handelt, um eine inszenierte Marke, derer man sich bedient, wenn es die eigenen politischen Interessen gebieten. Heutzutage gilt seriöse Recherche, kritische Distanz zu Regierungsverlautbarungen und investigativer Journalismsus allgemein als verschwörungstheoretisch kontaminiert. Und auf keinen Fall karrierefördernd.

Fazit: Die BBC hat zwar tatsächlich einige Argumente derjenigen widerlegt bzw. entkräftet, die der Ansicht sind, dass Bin Laden tot ist. Dennoch hätte man von der Faktenlage her den Standpunkt beziehen müssen, dass es keine eindeutigen Beweise in die eine oder andere Richtung gibt. Stattdessen wurde sich zum Schluss auf die Seite der Bin-Laden-lebt-These geschlagen und die Vertreter der Gegenthese als Verschwörungstheoretiker diffamiert.

Ich persönlich tendiere zu der These, dass Bin Laden bereits tot ist. Darauf schwören würde ich aber nicht. Neben Berichten über Nierenleiden oder Beerdigungen ist es vor allem ein Gedankengang, der mich dazu bringt, von seinem Tod auszugehen. Seit über acht Jahren gibt es keinen definitiven Lebensbeweis. Dabei wäre dieser einfach zu erbringen, indem Bin Laden sich z.B. vor eine Kamera mit einer aktuellen Zeitung setzt oder einem im Hintergrund laufenden Fernseher, der aktuelle Nachrichten zeigt.

Hat er etwa ein Interesse daran, dass alle Welt glaubt, dass er bereits tot ist? Wenn ja, warum dann die vielen Audio-Tapes? Und wenn wir diesen entnehmen können, dass Bin Laden sich nicht nur über Gott und die Welt, sondern auch wie kürzlich zum Klimawandel äußert, so stellt sich doch die Frage, warum ein Mann mit solchem Sendungsbewusstsein nicht vor die Kamera tritt?

Nach dem Erscheinen seines letzten Videos im September 2007 wurde er in vielen Plagiaten durch den Kakao gezogen. Viele konnten Mr-Black-Beards Ausführungen über Noam Chomsky und Co. weder Ernst nehmen, noch als bedrohlich empfinden. Dass seine Autorität durch fehlende Lebensbeweise immer stärker untergraben wird, daran kann er doch nicht wirklich ein Interesse haben. Aber vielleicht ist die Frage, ob er denn lebt, gar nicht so wichtig. Wichtiger ist doch die Frage, ob es Al-Qaida wirklich in der Form eines global agierenden, straff organisierten Terrorkonzerns, mit Filialen in einem Dutzend Ländern, überhaupt gibt - oder ob es nicht im wesentlichen ein von Geheimdiensten kontrolliertes Netzwerk ist, welches islamistische Kampfeswillige für die eigenen machtpolitischen Interessen benutzt.

Im Gegensatz zur ersten Sendung aus dieser Reihe hat man die Propaganda im nun vorliegenden dritten Machwerk verfeinert. In der Darstellung geht man nicht mehr so grobschlächtig und plump gegen die Anhänger solcher "Verschwörungstheorien" vor, sondern lässt sie (scheinbar) ausgewogen zu Wort kommen. Man kann die Vertreter solcher Theorien auch indirekt diskreditieren, indem die Anhänger der offiziellen Version kreditiert werden. Dies geschieht dadurch, dass man sich Leute als Kronzeugen der offiziellen Version sucht, die selbst kritisch gegenüber vielen Dingen sind, die im Rahmen des "War on Terror" geschehen. Ob Michael Scheuer, Dalton Fury oder Robert Baer, sie alle haben in der Sendung ihre Kritik an diesem oder jenem geäußert. Sie wirken somit besonders glaubwürdig, wenn sie sich zum Schluss darin einig sind, dass Zweifel an der offiziellen Darstellung, die über das Erklärungsmodell "Inkompetenz" hinausgehen, nichts anderes als unglaubwürdige Verschwörungstheorien sind. Und so sieht man in der Schlussszene dann auch den Haupt-Herausforderer der offiziellen Legende, David Ray Griffin, alleine am Strand stehen. "Allen Beweisen zum Trotz" wie es heißt, steht er der großen Meeresflut (an Beweisen) einsam und verlassen gegenüber. Sinnbildlicher geht es kaum. Glauben Sie mir, als man die Szene drehte, wusste man bereits wofür. Denn der Schluss steht schon am Anfang fest. Zumindest wenn BBC und ZDF sich mal wieder 9/11-"Verschwörungstheorien" widmen.

Mit der Bin Laden-Sendung hat die BBC offenkundig vom ZDF dazu gelernt hat, was die Effizienz der Darstellung angeht. Propaganda funktioniert um so eher, je besser der angelegte Zweck und die Intention des Werkes im Verborgenen bleiben und die Darstellung neutral erscheint. In diesem Sinne sind Michael Rudin (BBC) und Michael Renz (ZDF) nur zu beglückwünschen. Auftrag erfüllt - das Wahrheitsministerium ist stolz auf Sie!

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UPDATE

Gestern lief nun zu später Stunde die ZDF-Version. Im Großen und Ganzen entspricht sie in der Abhandlung der BBC-Variante. Dennoch gibt es Unterschiede, so z.B. neue Interviewpartner als auch einen in der BBC-Sendung nicht angesprochenen Sachverhalt. Bei diesem handelt es sich um das in den Jahren 1999 und 2000 von den Taliban angesprochene Angebot, Osama Bin Laden auszuliefern. Über die Unterhändler Kabir Mohabbat und Elmar Brok organisierte man schließlich im November 2000 in Frankfurt am Main ein Treffen zwischen Vertretern der USA, der EU und den Taliban. Die Taliban boten an, Bin Laden an den Internationalen Gerichtshof in Den Haag zu übergeben. Auch die amerikanische Seite habe das Angebot angenommen. Doch dann geschah nichts. Der Ende 2000 an die Macht gekommene George W. Bush habe kein Interesse an Bin Laden gezeigt. Die USA bestreiten den Vorgang.

Somit wird auch das in der ZDF-Sendung von Art Keller vorgetragene Argument hinfällig, Bin Laden würde trotz der hohen Belohnung nicht verraten werden, weil es der paschtunische Ehrenkodex verbiete, ihn auszuliefern. Da die Taliban sowohl vor als auch nach 9/11 anboten, Bin Laden auszuliefern, ist dieses Argument widerlegt.

Auch die Aussage von Oberst Imam, der für den pakistanischen Geheimdienst ISI zehn Jahre lang Ausbildungslager leitete, befand sich nicht in der BBC-Version. Oberst Imam, dessen einstige Zöglinge laut ZDF-Sendung heute oftmals ranghohe Taliban oder Al-Qaida-Kämpfer geworden sind, bestätigt die Behauptung, wonach Bin Laden damals ein schweres Nierenleiden gehabt hat. Laut Imam ist Bin Laden schon lange tot.

Auch Fürsprecher der Gegenthese äußern sich in der ZDF-Version, die nicht in der BBC-Sendung vor kamen. So beispielsweise der ehemalige Kampfgefährte Bin Ladens, Noman Benotman. Genaugenommen war Benotman Mitglied der "Libysch-Islamischen Kampfgruppe" (LIFG), welche sich auch am Kampf gegen die Sowjetunion in Afghanistan beteiligte. Angeblich habe Benotman Bin Laden im Jahr 2000 bei einem "Strategie-Treffen" die Meinung gesagt.

"Wir richteten eine unmissverständliche Bitte an Bin Laden, seinen Feldzug gegen die USA einzustellen" (Quelle)

2007 forderte Benotman in einem offenen Brief an "Al-Qaida-Vize" Al-Zawahiri, der Gewalt abzuschwören. So löblich es auch ist, dass Benotman seine Energien heute dazu verwendet, Menschen vom Weg des Terrors abzubringen, so kann er doch kaum zur Beantwortung der Frage beitragen, ob Bin Laden noch lebt. Sein Einwand: Al-Qaida könnte seinen Tod höchsten "ein bis zwei Wochen" geheim halten. Wirklich überzeugend ist das nicht. Wenig überzeugend sind auch die Ausführungen von Guido Steinberg, der auch nur exklusiv in der ZDF-Sendung zu Wort kommt.

Guido Steinbergs Werke waren schon einmal Thema dieses Blogs. Und zwar in dem Artikel "Ilamische Dschihad Union - Hintergründe zu einem Medienkonstrukt". Steinberg arbeitet für die Denkfabrik "Stiftung Wissenschaft und Politik". Das "Beratungsinstitut der Bundesregierung" stand jüngst wegen eines Brandanschlags im Brennpunkt der Medien.

Im Rahmen der Stiftung verfasste Steinberg die Schrift "A Turkish al-Qaeda". Quellenkritik wurde bereits in dem Artikel zur IJU geübt. Hier möchte ich nur kurz auf einen Sachverhalt eingehen, der aufzeigt, dass Herr Steinberg zu denjenigen zählt, die die Dinge zurechtbiegen und manipulieren.

Ein Zitat aus seiner Publikation zur Dschihad Union:

Zum Vergrößern bitte anklicken

Dies versucht er mit dem Hinweis darauf zu widerlegen, dass ab September 2007 die IJU verstärkt Erklärungen und Videos auf der Webseite "sehadetvakti" veröffentlichte, die Steinberg in seinem Werk auch immer wieder als Quelle heran zieht. Nur waren es gerade diese Veröffentlichungen auf der ominösen Webseite, die Verfassungsschützer dazu gebracht haben anzunehmen, dass es sich bei der IJU um ein Internet-Phänomenen handelt. Ich möchte dies nicht weiter ausführen, da die IJU hier schon mehrfach Thema war. Aber wenn Steinberg schreibt, die Webseite, auf der IJU publiziert, sei seit November 2006 online gewesen, dann führt er in die Irre. Denn die Seite war erstmals im April 2007 online, wie dem "Web-Archiv" zu entnehmen ist. Das Datum ist deshalb so wichtig, weil die ersten (von der CIA ausgesprochenen) Warnungen über die IJU auch aus dem April 2007 stammen. Könnte es sein, besonders im Hinblick auf all die anderen Informationen bezüglich einer Geheimdienst-Inszenierung im Fall der IJU, dass man hier einfach schnell eine Webseite entworfen hat, um die Drohung untermauern und wenigstens auf irgendetwas verweisen zu können, dass auf die Existenz einer Dschihad Union hindeute?

Kommen wir zu Steinbergs in der ZDF-Sendung getätigten Äußerungen. Warum Bin Laden in den letzten Jahren so wenig Videos produziert hat, dafür aber um so mehr Tonaufnahmen, dafür liefert Steinberg folgende Erklärung: Bin Laden mache sich durch die Produktion "verwundbar", da der Aufwand zu groß sei, zu viele Leute involviert wären und die Gefahr zu groß, dass die Geheimdienste etwas mitbekommen würden.

Diese Erklärung mag in keinster Weise zu überzeugen. Erstens, was soll aufwendig daran sein, sich vor eine Videokamera zu setzen? Dazu braucht man im Notfall noch nicht mal einen zweiten Helfer. Zweitens, warum soll die Aufnahme eines Videos aufwendiger sein als eine Ton-Aufnahme? Ob Video oder Audio, man positioniert das Gerät an den richtigen Platz und drückt auf "Record". That's it! Was die Fälschbarkeit angeht, da gibt es wirklich einen Unterschied. Videos lassen sich viel schwieriger fälschen als Tonaufnahmen, was ja auch viele für den Grund halten, warum es seit 9/11 fast nur Tonaufnahmen. von ihm gibt Und Drittens erfordert eine Videoaufnahme bestimmt keinen höheren logistischen Aufwand als die tägliche Versorgung mit Nahrungsmitteln, als die Organisierung von sicheren Unterkünften, etc.

Auch Steinbergs Einwand, die Videos ließen sich aus ideologischen Gründen nicht fälschen, überzeugt nicht. Zwar mag er durchaus damit Recht haben, dass Mitarbeiter westlicher Geheimdienste nicht die ideologische Ausbildung haben, ein authentisch wirkendes Bin Laden zu produzieren. Doch an den 2004 und 2007 veröffentlichten Videos ist doch gerade die Tatsache auffällig, dass sie nicht authentisch wirken. Bin Laden nimmt kaum Bezüge zu Gott und dem Propheten, sondern beschäftigt sich mit völlig unüblichen Themen. Die Botschaften dieser Videos klingen genau so, als wären sie von jemanden mit säkularen Hintergrund verfasst.

Auch der Schluss der ZDF-Sendung unterscheidet sich von dem der BBC. Beim ZDF ist man neutraler. Zwar haben die Vertreter der Bin-Laden-lebt-These das letzte Wort, auch der Begriff "Verschwörungstheorie" fällt einige male. Dennoch verzichtet man auf Suggestiv-Szenen, wie z.B. der von David Ray Griffin, wie er einsam am Strand steht und dem Meer an Beweisen trotzt. Im Hinblick auf die ersten beiden BBC-ZDF-Co-Produktionen war dies die bislang ausgewogenste Darstellung.

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UPDATE II

Die für ZDF-Verhältnisse relativ ausgewogene Darstellung - beide Seiten kommen zu Wort - ist Spiegel-Onlines Terrorexperten Yassin Musharbash ein Dorn im Auge. Auszug:

Natürlich ist es nicht verwerflich, den Kommentator im Off als Advokaten des Teufels auftreten zu lassen. Diese Taktik hilft dabei, die Zuschauer am Wegzappen zu hindern. Man kann ein solch dramatisches Korsett aber überstrapazieren. Am Ende klingt dann alles wie eine Verschwörungstheorie.

So erklärt der Film eindrücklich, wieso es den USA Ende 2001 nicht gelang, Bin Laden in den Bergen von Tora Bora zu fassen, obwohl man ihn fast in Sichtweite hatte. Es lag an einer Fehlentscheidung in Washington, wie mittlerweile auch der US-Senat festgestellt hat. Afghanische Verbündete sollten den Qaida-Chef damals dingfest machen, US-Spezialeinheiten wurden zurückbeordert, angeforderte Verstärkung nicht gewährt. Ebenso gelungen ist der Rückblick auf Versuche, den Saudi-Araber zwischen 1998 und 1999 aus dem Weg zu räumen sowie die Nachzeichnung der Versuche, die Taliban zu seiner Auslieferung zu bewegen.

Aber warum kontern die Autoren diese historischen Fakten dann mit Fragen wie: "Oder will man ihn vielleicht gar nicht finden?".

Ja, warum kontern sie denn nur mit so eine abwegigen Frage? Könnte es daran liegen, dass erfahrenen Militärs eine "Fehlentscheidung" wie im Fall Tota Bora nicht unterkommt? Wer wurde eigentlich für die "Fehlentscheidung" zur Rechenschaft gezogen? Und warum leugnete die militärische Führung, dass sich Bin Laden überhaupt in Tota Bora befand? Wenn Musharbash von "historischen Fakten" spricht, ist besondere Vorsicht angebracht, denn er hat ein Talent dafür, diese auf den Kopf zu stellen. Wirkliche Versuche, die Taliban zu einer Auslieferung zu bewegen, hat es nie gegeben! Es waren die Taliban, die - wie schon der Sudan Jahre zuvor - den USA eine Auslieferung anboten - auch nach 9/11. Die US-Regierung ist nie darauf eingegangen. Sie hatte zig Gelegenheiten, Osama Bin Laden - tot oder lebendig - in die Finger zu bekommen. Alleine, sie wollte nicht. Kommen solche Fälle an die Öffentlichkeit, dann dienen billige Ausreden dazu (wie z.B. eine Moschee in 300 Meter Entfernung), diese zu täuschen. Ausreden, die man kaum glauben kann, es sei denn man wird dafür bezahlt, diesen Glauben zu vertreten. Weiter heißt es:

Nicht eingegangen wird auf die bei Verschwörungsalarm zwingende Frage, wieso ausgerechnet ein Teil der Publikationen von al-Qaidas Propagandaabteilung gefälscht sein soll, die Bin-Laden-Videos nämlich, die anderen Publikationen aber nicht - also zum Beispiel jene, in denen al-Qaida Jahre nach 9/11 Abschiedsvideos der Attentäter eingebaut hat? Und was wäre, wenn der TV-Sender al-Dschasira, bei dem ein Teil der Bin-Laden-Botschaften in Umschlägen abgeliefert wird, Teil dieser Verschwörung wäre?

V.o.n.u.: Ahmed al-Haznawi, Saeed al-Ghamdi, Abdul Aziz Alomari, Wail al-Shehri, Hamza al-Ghamdi

Wer sagt denn, dass die anderen Videos nicht aus derselben Fälscherwerkstatt stammen könnten? Die "Abschiedsvideos" der Attentäter enthalten KEIN Bekenntnis zu 9/11. Dieser Eindruck soll durch die grafische Unterlegung (brennendes Pentagon, etc.) und durch den Kommentator erzeugt werden. Doch die Aussagen der in den Videos gezeigten mutmaßlichen Hijacker liefern keinerlei Hinweise zu Anschlägen in der Form von 9/11. Es sind Bekenntnisse des Hasses auf die USA und zum islamistischen Dschihad, zweifellos, aber diese könnten auch im Rahmen des Dschihad-Kampfes in Tschetschenien und Bosnien bzw. Kosovo aufgenommen worden sein. Denn schließlich haben sich die in den Videos gezeigten "Muscle-Hijacker" auch an diesen Kämpfen beteiligt. Und es ist nicht unüblich, dass in einem solchen Rahmen solche Aufnahmen angefertigt werden, damit man diese im Fall des Falles (im Kampf) für Märtyrer-Videos verwenden kann. Selbst wenn wir davon ausgehen, dass die Aufnahmen der mutmaßlichen Hijacker nicht gefälscht wurden, sind sie kein Beweis dafür, wer für 9/11 verantwortlich ist. So beteiligten sich die in den Videos gezeigten Ahmed al-Haznawi, Ahmed al-Ghamdi und Hamza al-Ghamdi im Jahr 2000 am Dschihad in Tschetschenien. Auch Wail al-Shehri und Waleed al-Shehri sprachen davon, nach Tschetschenien zu gehen, bevor sie 2000 von der Bildfläche verschwanden. Ebenso Abdul Aziz Alomari und Saeed al-Ghamdi, beide waren laut 9/11-Commission-Bericht (S.233) auf den Weg nach Tschetschenien. Somit hatten alle in den Videos gezeigten "9/11-Märtyrer" eine Verbindung zum Dschihad in Tschetschenien. Und die Aufnahmen könnten in diesem Rahmen angefertigt worden sein. Aber selbst wenn es sich so verhielt, wie die CBS-Dokumentation "60 Minutes II - The Plot" es darstellt, dass die "Abschiedsvideos" im März 2001 in Afghanistan in Kandahar aufgenommen wurden, so können sie nicht als Beweis der Täterschaft dienen. Denn laut der offiziellen Version selbst und laut den angeblichen Geständnissen Bin Ladens wussten diese "Muscle-Hijacker" noch gar nichts von der Operation 9/11. Sie wurden nach offiziellen Angaben erst kurz vorher in die Pläne eingeweiht. Wie sollen diese Videos dann aber einen Beweis für die 9/11-Täterschaft darstellen, wenn die Bekennenden von den Tatabsichten selbst gar nicht wussten?

Immerhin scheinen die US-Terrorfahnder ein Interesse an der Verbreitung (nicht nur) dieser Al-Qaida-Videos zu haben - warum wohl nur? Sonst würde man wohl nicht nur dem IntelCenter mal auf die Finger klopfen, sondern auch den US-Blog der "Al-Qaida-Medianabteilung" As-Sahab schließen. Unter http://as-sahab.blog.com/ kann Al-Qaida nun schon seit schlappen acht Jahren für den Dschihad neue Rekruten anwerben. Für die US-Terroristenjäger aber offensichtlich noch nicht ausreichend Zeit genug, die Seite dicht zu machen. Denn wir wissen ja alle, wie inkompetent die sind. Noch einmal 'Spiegel-Online':

Immerhin vermeiden es die Filmemacher, sich auf eine Verschwörung festzulegen. Es kommen auch nüchterne Beobachter ausgiebig zu Wort. Der Ex-Dschihadist Noman Benotman etwa mit der schlichten Aussage, dass der Rest von al-Qaida kaum dabei mitspielen würde, wenn die CIA Bin Laden künstlich am Leben erhält und Videos in seinem Namen produziert. Oder der Berliner Terrorexperte Guido Steinberg mit der simplen Feststellung, dass westliche Geheimdienste aus Mangel an Kompetenz kaum zu so einer Operation in der Lage wären.

Ob man einen Ex-Dschihadist wirklich als "nüchternen Beobachter" bezeichnen kann? Schließlich bestreitet er mit seinen nüchternen Beobachtungen nicht nur sein Einkommen, seine Nüchternheit dürfte ihn auch vor längeren Gefängnisaufenthalten wegen seiner Beteiligung am internationalen Dschihad bewahrt haben. Und Guido Steinbergs "simple Feststellung", dass Geheimdienste aus Mangel an Kompetenz nicht zu Operationen wie die Fälschung von Videos in der Lage wären, wird wohl auch nur die simplen Gemüter beeindrucken können. Es ist ja gerade der sichtliche Mangel an Kompetenz, wenn man die Äußerungen und die Rhetorik der Bin Laden-Videos von 2004 und 2007 beachtet und mit vorherigen, authentischen Aufnahmen vergleicht, der Experten wie etwa Bruce Lawrence dazu bringt, von einer Fälschung auszugehen - unabhängig von allen technischen Aspekten.

Warum geht Musharbash so hart mit seinen Kollegen vom ZDF ins Gericht, obwohl die Sendung doch nahe legt - wenn auch nicht so eindeutig wie die BBC-Sendung - dass Bin Laden am Leben ist und die alternative These zum Reich der Verschwörungstheorien zu zählen ist? Vielleicht hat Herr Musharbash Angst, dass die geschlossene Medien-Front gegen die 9/11-"Verschwörungstheorien" bröckelt. Vielleicht ahnt er, dass man sich mit solchen Sendungen schon mal absichern will, falls sich die offizielle Version in Zukunft doch nicht mehr aufrecht erhalten lässt. Dann kann man beim ZDF wenigstens sagen, "wir haben den Zweifeln Raum gegeben und die Skeptiker zu Wort kommen lassen". Denn sollte es Allgemeingut werden, dass die offizielle Version unwahr ist, dann wird das eine erhebliche Beschädigung der Glaubwürdigkeit der etablierten Medien zur Folge haben. Insbesondere für ein Medium wie den 'Spiegel', immer in vorderster Front gegen die "Verschwörungstheorien". Vielleicht will man beim ZDF nicht derjenige sein, der zu spät kommt und vom Leben bestraft wird. Oder wie man auch sagt, nicht der, den die Hunde beißen.

Quelle des Originalbeitrags: Terrorexperte vs ZDF: ist bin Laden tot?

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