Kapitel: 4.3 Eine Schüler-AG und die Deutungsgeschichte des 11. Septembers
Welch ein Gegensatz zur Berliner Humboldt-Universität: Die Altkönigschule (AKS) in Kronberg im Hochtaunus hat eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass sie mit ihren Schülern am Puls der Zeit ist. Bereits im Herbst 2008 formierte sich eine Arbeitsgemeinschaft von Schülern, die sich unter Aufsicht ihres Lehrers Christian Schmeiser mit dem Thema "aktuelle Zeitgeschichte" auseinandersetzen wollten.
Und so standen plötzlich die Aufarbeitung der Stay-Behind-Strukturen der NATO, Peak Oil, die Ermorderung Siegfried Bubacks genauso wie die Kontroverse um die Deutungsgeschichte der Terroranschläge vom 11. September 2001 in den USA auf dem Stundenplan.
Schüler und Schule bewiesen bei der Aufarbeitung der nicht gerade leichten Themen einen großen Ehrgeiz: Die Schüler-AG begnügte sich nicht mit dem Studieren der entsprechenden Literatur, sie gingen viele Schritte weiter. Neben Interviewanfragen an diverse Geheimdienste (die in höflicher Form allesamt abgelehnt wurden), gelang ihnen auch der Kontakt zu Michael Buback (Sohn des von der RAF ermordeten Generalbundesanwalts Siegfried Buback), der ihnen eín Interview gab und die Schüler-AG zu einem Theaterstück, das sich mit seinem Fall auseinandersetzte, nach Frankfurt einlud.
Das Engagement der Schüler setzte sich fort. Am 28.04.2009 stiegen die AKS-Schüler mit ihrem Lehrer in einen Zug, um sich in Basel mit dem Historiker und Friedensforscher Daniele Ganser zu treffen (siehe Kapitel: Daniele Ganser: Ein Schweizer Forscher und die verdeckte Kriegsführung). Vorangegangen war dem Treffen eine Kontaktaufnahme der Schüler-AG mit dem Schweizer Wissenschaftler per Brief. Darin schilderten die Schüler, dass sie sich mit den Spezialthema des Forschers, der verdeckten Kriegsführung, auseinandersetzten, und fragten ihn, ob er bereit wäre, sich von der Schüler-AG interviewen zu lassen.
9/11 – Der mediale Kampf um die Wahrheit
Telepolis-Autor Marcus B. Klöckner zeichnet die Geschichte der Gegenöffentlichkeit des 11. Septembers nach – und analysiert, wie deutsche Qualitätsmedien mit Kritikern und Zweiflern umgehen
http://www.dpunkt.de/buecher/3481.html
9/11 Der Kampf um die Wahrheit
16,90 Euro(D) / 17,40 Euro(A)
August 2011, 218 Seiten, Broschur
ISBN 978-3-936931-71-6
Heise Verlag
Ganser antwortete prompt und lud die damals noch 19 Schüler umfassende AG kurzerhand zu sich an die Baseler Universität ein. In einem gut 60-minütigen Vortrag erzählte Ganser den Schülern und ihrem Lehrer von seiner Forschung in Sachen Gladio, um im Anschluss gemeinsam mit der Gruppe zu diskutieren und Fragen zu beantworten. Begleitet wurden die AKS-Schüler auf ihrer Exkursion von einem Kamerateam und Martin Maurer (Drehbuchautor und Verfasser des 2011 im DuMont-Verlag erschienenden Roman Terror, der zu diesem Zeitpunkt an einer Fernsehdokumentation zum Thema Gladio arbeitete.
Die Schüler-AG, die sich in den drauffolgenden Jahren neu formierte, interessierte sich auch nach 2009 weiterhin für die wichtige Frage, ob Terroranschläge auch als Instrument einer Tiefenpolitik von Staaten inszeniert werden können, und konzentrierte sich somit verstärkt auf die diversen Wirklichkeitskonstruktionen zum 11. September.
Am jährlich stattfindenen "Tag der Oberstufe" in der Altkönigschule informierten im März 2011 die Teilnehmer an der AG ihre Mitschüler über ihre Erkenntnisse, die sich im Laufe der Zeit gewinnen konnten.
Doch der 18. März war für die AG-Schüler ein ganz besonderer Tag. Den Schülern gelang es, den Buchautor und 9/11-kritischen Blogger Dirk Gerhardt, den dänischen Universitätsdozenten für Chemie Niels Harrit (Harrit geht von einer Sprengung der WTC aus) sowie den Menschenrechtsaktivisten Elias Davidsson zum Tag der Oberstufe einzuladen. Harrit und Gerhardt referierten schließlich vor gut 200 Schülern und Eltern über die alternativen Lesarten zum 11. September. Ein Schüler der AG, Manuel Mehlhorn, beschrieb die Zusammenkunft an der AKS in einem Artikel für die Lokalzeitung Kronberger Bote dann so.
"Knapp zehn Jahre nach den Anschlägen auf das World Trade Center in New York am 11. September 2001 zweifelt bereits ein Drittel der US-Bürger an der staatsoffiziellen Erklärung der US-Regierung über die Anschlagsmotive, nach der ausschließlich islamistische Attentäter für die Anschläge in diesem bisher nie gekannten Ausmaß verantwortlich seien. [...] Zu Beginn der 90-minütigen Referatsreihe las Autor Gerhardt nicht nur einen kurzen Ausschnitt aus seinem im August 2010 veröffentlichten Thriller „Nanospuren“ vor, den er am Samstag bereits auf der Leipziger Buchmesse präsentierte, sondern berichtete den Oberstufenschülern auch von seiner persönlichen Motivation, sich innerhalb der Wahrheitsbewegung um den 11. September zu engagieren: „Da ich mich am 11. September 2001 während der Anschläge selbst in einem Flugzeug auf dem Weg nach Kuba befand, begann ich nach dem ersten Schock über den Mord an über 3000 Menschen eigene Recherchen anzustellen“, so der 34-Jährige. Da ihn die fehlende Bereitschaft der Massenmedien ärgerte, angesichts der Ungereimtheiten um den 11. September, die Prof. Harrit später darlegte, zur aktiven Wahrheitsfindung beizutragen, begann er, im Internet auf Plattformen wie www.911-archiv.net zu bloggen und Bücher wie „Nanospuren“ zu schreiben. [...] Die politische Interpretation von Prof. Harrits Forschungen übernahm der Menschrenrechsaktivist und Kritiker der staatsoffiziellen Darstellung der Terroranschläge am 11. September, Elias Davidsson. Um dem „Stargast“ Prof. Harrit mehr Zeit für seinen Vortrag zu geben, verzichtete er auf seinen Vortrag im Rahmen der 90-minütigen Veranstaltung und berichtete zuvor in einem Workshop vor der Veranstaltung von seiner Sicht der Tatmotive. „Die westlichen Mächte um das Militärbündnis NATO (North Atlantic Treaty Organization) brauchten mit dem Ende des Kalten Krieges und dem Wegfall des Kommunismus ein neues Feindbild“, so Davidssons These. Mit dem 11. September habe das „Feindbild Islamismus“ etabliert werden können, da islamistische Attentäter der Terrororganisation „al Qaida“ als Täter angegeben wurden.
Am gleichen Abend kamen Davidsson, Harrit und Gerhardt auch bei einer Veranstaltung des Freidenker-Verbands in Frankfurt zusammen, um ebenfalls vor Publikum über den 11. September zu referieren. Auch hierbei war die Schüler-AG anwesend. Nach Angaben des Lehrers der Schüler-AG wurde die Frankfurter Presse über die Ereignisse informiert, doch kein Medienvertreter hatte sich eingefunden, um über die Veranstaltung zu berichten.
Anmerkung:
Die Veranstaltung in der Altkönigsschule hat eindrucksvoll bewiesen, dass Bildungseinrichtungen durchaus in der Lage sein können, auch kritische politische Themen ohne Denkverbote aufzuarbeiten. Es spricht für die Altkönigsschule, dass sie ihren Schülern ein möglichst breit gefächertes Wissen zugänglich macht und sich nicht scheut, ihre Schüler als vernunftbegabte junge Menschen zu betrachten, denen zugetraut wird, sich eine eigene Meinung zu bilden. Im Vergleich mit der AKS dürfte, was die Kultur eines freien Meinungsaustauschs und Kommunikationsprozess angeht, die Humboldt-Universität noch Nachholbedarf haben.
Mit freundlicher Genehmigung von Marcus B. Klöckner
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