Kommissionen wie die 2003 eingerichtete National Commission on Terrorist Attacks Upon the United States sind gute, alte Tradition. Schon nach dem Mord an Präsident John F. Kennedy installierte man eine »Kommission«, die eine »Untersuchung« des Attentates von Dallas durchführen sollte. Das war der offizielle Zweck. Der wirkliche Zweck solcher Kommissionen besteht darin,
1. den Eindruck einer umfassenden Untersuchung zu erwecken,
2. die offiziell genehme Wahrheit festzuklopfen.
Denn hinterher fällt es sehr schwer, gegen die Ergebnisse solcher »Kommissionen« anzuargumentieren, wie voreingenommen und offensichtlich korrupt sie auch gewesen sein mögen. In der Warren-Kommission zur Untersuchung des Kennedy-Attentates saßen ausgerechnet einige seiner erklärten Todfeinde, darunter der frühere Geheimdienstchef Allen Dulles, den Kennedy persönlich gefeuert hatte.
In der 9/11-Kommission saß mit ihrem Direktor Philip Zelikow unter anderem ausgerechnet ein enger Freund von Condoleezza Rice, der bereits früher zusammen mit der Bush-Außenministerin ein Buch geschrieben hatte. Und insofern war Zelikow genau der richtige Mann, denn etwas anderes sollte er diesmal ja auch nicht machen, nämlich zusammen mit der Bush-Regierung ein Buch über den 11.9. schreiben – getarnt durch eine »Kommission«.
Und an diese Aufgabe machte sich Zelikow denn auch schnell. Laut Junge Welt hat Zelikow »inzwischen eingestanden, dass er sich regelmäßig bei Geheimtreffen mit Bushs Chefberater Karl Rove über den Fortgang der Untersuchungen gegen die US-Regierung abgesprochen hat«.
Inwieweit der »Abschluss«-Bericht schon vor dem Ende der Untersuchungen fertig war, erschließt sich jedoch erst bei näherer Lektüre von Shenons Buch Die Kommission: Nachdem Zelikow um seine Mitarbeit in der Kommission gebeten worden sei, habe er als erstes den Harvard-Professor Ernest May um Rat gefragt. Dieser »Historiker« ist ein gefragter Pentagon-Geschichtsschreiber und häufiger Berater des Büros des Verteidigungsministers, des Nationalen Sicherheitsrates und anderer Behörden.
Die beiden hätten schnell festgestellt, daß dies eine außergewöhnliche Gelegenheit sei, »eine professionelle Geschichte« eines umwälzenden Momentes in der amerikanischen Geschichte zu schreiben, gleichauf mit Pearl Harbor.
Denn nach dem japanischen Überfall auf den Hawaii-Kriegshafen der Amerikaner am 7. Dezember 1941 habe es keine vergleichbare Anstrengung gegeben, »die Katastrophe der Öffentlichkeit zu erklären«.
Was man heute durchaus bedauern mag, da inzwischen seriöse Untersuchungen beweisen, dass die USA schon damals vorher informiert waren – wenn nicht sogar hinter den Kulissen die Strippen zogen, um anschließend leichter in den Zweiten Weltkrieg eintreten zu können.
Zwar habe es in den Pearl-Harbor-Untersuchungen den Versuch gegeben, Verantwortlichkeiten festzustellen, aber eben keinen Versuch, die Angriffe von 1941 in einen geschichtlichen Kontext zu stellen und die Kräfte zu erklären, die zu ihnen geführt hätten und warum das Militär versagt habe.
Eigentlich schade, dass uns diese offizielle Prosa entgangen ist, kann man da nur sagen. Auf jeden Fall scheint es im Fall 9/11 von vornherein weniger um eine Untersuchung, als vielmehr um eine Erzählung gegangen zu sein, die man anschließend millionenfach würde anpreisen und verbreiten können – geschmückt mit den Namen von irgendwelchen »seriösen« Commissioners.
Für einen Historiker müsste es doch aufregend sein, habe sich Zelikow-Ratgeber May später erinnert, an die Erstellung eines Berichts zu denken, der die wichtigste Quelle zu den Attacken des 11. September werden und noch für Generationen in den Regalen von High-School- und College-Lehrern stehen würde.
Was nur heißen kann, dass nun für Generationen ein Haufen Schrott in den Regalen steht. Denn während die Kommission in aller Öffentlichkeit ihre »Sitzungen« abhielt, schuftete in Wahrheit May in einem Hinterzimmer im Geheimen an einem Entwurf des »Abschlussberichts«. Shenon:
»Ursprünglich wollte Zelikow Mays Rat, wie der Abschlussbericht strukturiert sein sollte, und so gingen sie an die Arbeit, geheim, um einen Entwurf zu erstellen. May bekam einen Schreibtisch in Zelikows Büro in der K Street in Washington, den er bei seinen gelegentlichen Besuchen benutzte. Im März 2003, als sich das Personal der Kommission gerade eingerichtet hatte, hatten die beiden Männer bereits einen detaillierten Entwurf ausgearbeitet, inklusive ›Kapitelüberschriften, Untertiteln und Unter-Untertiteln‹.
Er und May schlugen einen Bericht mit sechzehn Kapiteln vor, beginnend mit einer Geschichte von Al-Qaida und Osama Bin Ladens Fatwa gegen die Vereinigten Staaten 1998. Von da aus würde es mit Kapiteln über die Geschichte der amerikanischen Anti-Terror-Politik weitergehen. Die Reaktion des Weißen Hauses auf die Flut von Terror-Drohungen im Frühjahr und Sommer 2001 wurde dem sechsten Kapitel vorbehalten. Die Ereignisse des 11. September dem siebten Kapitel.«
Zelikow zeigte das Dokument den Kommissionsmitgliedern Kean und Hamilton,
»... die von seinem Eifer beeindruckt waren, aber fürchteten, dass der Entwurf als Beweis dafür angesehen werden könnte, dass sie – und Zelikow – das Ergebnis der Berichts vorherbestimmt hätten. Es sollte vor dem restlichen Personal geheim gehalten werden, wurde entschieden. May sagte, dass er mit Zelikow darin übereinstimmte, dass der Entwurf so behandelt werden sollte, ›als wäre er das geheimste Dokument, das die Kommission besaß‹.«
Als das Ganze trotzdem herausgekommen sei, sei ein Teil der Mitarbeiter alarmiert gewesen. Ein anderer Teil habe eine Parodie mit dem Titel »Der Warren-Bericht - ein präventiver Entwurf« angefertigt. Die Autoren dieser Parodie seien nie entdeckt worden. Unter den Kapitelüberschiften fand sich auch die Headline: »Die einzelne Kugel: Die Beweise haben wir noch nicht gesehen. Aber wirklich: Wir sind sicher.«
Zitiert nach: »The ›Smoking Gun‹ of 9/11«, 9/11 blogger.com
9/11-Kommission: Stand Ergebnis schon vorher fest?
Autor: Gerhard Wisnewski
Quelle der Erstveröffentlichung: http://info.kopp-verlag.de