"Ein Land und eine Jugend ohne Perspektive
All die angeführten Gründe können durchaus erklären, weshalb sich eine Opposition zu Ghaddafi formieren konnte, sie erklären jedoch noch nicht weshalb Tausende von Menschen plötzlich auf die Straße gingen. Der Grund dafür ist sozial-ökonomischer Art.
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Die Altersstruktur der Bevölkerung hat einen sehr hohen Prozentsatz junger Menschen. Die Altersstufe von 15 bis 24 Jahren macht 28 % der Bevölkerung aus. In dieser Alterstufe sind über 30% arbeitslos. Das erklärt, weshalb die Masse der Demonstrierenden vor allem jungen Menschen sind. Sie sind nicht nur arbeitslos, sondern es fehlt für diese Jahrgänge auch jegliche Perspektive.
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Entsprechend der ziemlich großzügigen Art und Weise in der der libysche Staat sich auch gegenüber „seinen“ Bürgern zeigt, führt die Arbeitslosigkeit nicht unmittelbar in die Armut. Armut und Elend herrschen auf den in der Wüste gelegenen Dörfern und unter den Nomaden, weniger in der Stadtbevölkerung. Unter den jungen Leuten in den Städten ist die westliche Lebensweise mit ihrem Konsumdrang und ihren Schattenseiten durchaus verbreitet. Eingebunden in das ihnen aufgezwungene Regime, ohne die Möglichkeit sich zu artikulieren, ohne Rede und Denkfreiheit, stets behindert, haben diese jungen Menschen keinerlei Berufsperspektive, wollen sie sich nicht in den Staatsapparat und die Volkskomitees einbinden lassen. Um dagegen zu protestieren gingen sie in Massen auf die Straße."
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sehr guter Kommentar im Forum von Spiegel-Online gefunden:
"Ganz im Gegensatz dazu ist es natürlich "nicht" fahrlässig zu zugucken wie Zivilisten zusammengeschossen werden...Das ist klar...und es hat nur Vorteile:
1. man hat ein innenpolitisches Problem weniger, denn man muss weder seinen durch die Globalisierung verängstigten und u.a. auch desinteressierten deutschen Bürgern irgendwas erklären...UND muss sich auch nicht mit dem populistischen Pazifismus der Oppositionsparteien rumärgern...
2. - und auch das ist typisch für alternde und verängstigte Gesellschaften: ohne Einsatz -> Sieg Gaddafi = Stabilität und Erhaltung des Status Quo (zumindest kurzfristig), abgeblich weniger Flüchtlinge, Ölgeschäfte laufen wie bisher
3. man hatte schon vor den Revolutionen in Tunesien und Ägypten Angst und Vorurteile vor den irren Muslimen und ihrer Religion: dass im Prizip 1:1 die Bedingungen die im ostblock den Zusammenbruch bewirkt haben auch in der arabischen Welt vorhanden sind können wir uns nicht vorstellen.....
Und deswegen ist es ganz angenehm, dass uns Herr Gaddafi den Gefallen getan hat unsere Vorurteile zu bestätigen....denn die Araber/Muslime "können ja nicht Demokratie" und das können auch keine normalen Menschen sein, die "können nur Religion, Fundamentalismus, Ballern, Randalieren etc.".....DAS sieht man ja jetzt in Libyen...
Zu den eigenen Vorurteilen dann schnell ein bisschen Fakten verdrehen, Halbwissen über die Muslimbruderschaft andere Islamisten, al-Qa´ida und co....und fertig sind Sprüche wie "wir wissen doch gar nicht wer die Opposition ist...die sind doch genauso schlimm, die wollen doch durch Scheinwahlen / libyschen Bürgerkrieg den Gottesstaat etc...pp...
Das der Bürgerkrieg von Herrn Gaddafi ausgelöst wurde, bzw. dass wir 1989 ohne weiteres auch einen Bürgerkrieg in der DDR hätten haben können...so wie es in Rumänien ja auch eingetreten ist....was juckt´s?
Was juckt es auch eine ängstliche und alterende deutsche Gesellschaft was in Welt ihrer Kinder passiert:
Fakt ist nämlich: In der arabischen Welt findet ein epochales Ereignis statt desssen Ausgang unter anderem die Beziehungen zwischen uns und unseren geographischen Nachbarn bestimmen wird...
Wir sind jedenfalls dabei eine extrem gute Chance für eine positive Neugestaltung der Beziehungen zur arabischen Welt zu versieben... :aus kurzsichtigen Ängsten, aus Vorurteilen und innenpolitischen Spielchen.........DAS - und nicht der Einsatz ist fahrlässig."
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